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Die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute hütet einen Schatz alter Traditionen. Sie verstand es, seit ihrer Gründung 1408, sich immer wieder der neuen Zeit anzupassen und sicherte so ihre ununterbrochene Existenz.
Die Entstehung der Zunft fiel in eine Wachstumsperiode der Stadt Zug mit ihren damals etwa 500 Einwohnern. Durch die Aufnahme in das Geflecht der eidgenössischen Bünde ab 1352 und der Erlangung der Reichsfreiheit 1415 wuchs sie zum Zentrum eines unabhängigen Kleinstaates heran.
Für die Menschen des Mittelalters stellten ein gottesfürchtiger, frommer Wandel und die Sicherung des himmlischen Lohnes beim Ableben die wichtigsten Motive des irdischen Lebens dar. Die um 1400 entstehenden städtischen Zünfte widmeten sich diesen Anliegen, ja sie waren untrennbar verbunden mit religiösen Bruderschaften, die über den beruflichen Kreis hinaus weitere Teile der Bevölkerung erfassten. Die enge Beziehung zwischen den beruflichen und kirchlichen Vereinigungen zeigt sich in den Satzungen der Schneiderzunft von 1408. In zwei weiteren ehrwürdigen Schriftstücken von 1466 und 1484 sind unter anderem die alljährlichen Gedenkmessen für die Verstorbenen und das würdige Begehen der Begräbnisfeierlichkeiten geregelt. Letztere nehmen sogar mehr Raum ein als die Bestimmungen zur Berufstätigkeit. Alle Zunftmitglieder sind darin namentlich aufgeführt und werden zu Spenden für die Zunftkerze verpflichtet. Sie wurde bei den Gottesdiensten vor dem Altar aufgerichtet und entzündet. Die brennende Kerze symbolisierte die Vereinigung der Lebenden und der Toten.
Die Zünfte als Organe des öffentlichen Lebens erlangten in Zug nie die politische Bedeutung wie in anderen Zunftstädten. Die Schneiderzunft sicherte sich ihren Einfluss auf die Regierungstätigkeit durch die Präsenz einzelner ihrer Mitglieder in den Räten. Die zünftigen Eingaben beklagten meist den fehlenden Schutz gegen fremde Konkurrenten oder die tiefen Preise und die schlechte Arbeit von Pfuschern.
Der städtische Rat sah sich im 17. Jahrhundert immer wieder von Klagen aus den Zünften und der Bevölkerung bedrängt. Es ging meist um die Verstösse von Händlern, die nicht als Handwerker ihre eigenen Erzeugnisse feil hielten, sondern Produkte von Dritten in Verkehr brachten. Dieser Vertriebsweg schädigte das örtliche Gewerbe. Er wurde vorwiegend von den Hintersassen betrieben, denn diesen war die Ausübung eines Handwerks verwehrt. Sie waren zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf das Anbieten und den Verkauf von Gütern auswärtiger Hersteller angewiesen. Diese kaufmännische Verdienstmöglichkeit stand auch allen Bürgern frei, ja sie konnte auch für sie eine unentbehrliche Geldquelle darstellen. Die „Krämerei“ engte jedoch den Verdienst der zünftigen städtischen Handwerker ein und war von den bestehenden städtischen Verordnungen nicht erfasst.
Nach langen Jahren erarbeiteten die Gnädigen Herren 1635 eine Gewerbeordnung, die die Krämerei bis ins Detail regelte. Sie enthielt auch Strafbestimmungen und Bussen. Immerhin konnten sich die Krämer mit einem Geldbetrag in die Reihe der städtisch zugelassenen Kaufleute einordnen. Unter dieser Voraussetzung war der Eintritt in die Schneiderzunft möglich, die damit als dritte Berufsgruppe die Gewerbsleute umfasste.
In späteren Jahren zeigte sich erneut ein Wildwuchs im Bereich der Krämerei. Hausierer, reisende Handwerker und Störschneider störten die Regeln der zünftigen Berufe. Nun beauftragte der Rat die Schneiderzunft für Ordnung zu sorgen und stattete sie mit Polizeibefugnissen aus. Sie bekam die Kompetenz, die Krämer bei Verstössen mit der Beschlagnahme ihrer Werkzeuge und Waren zu bestrafen und sie beim Rat anzuzeigen. Diese Aufgabe führte zu einer Stärkung der Schneiderzunft im inneren Zusammenhalt und erhöhte ihre Bedeutung im städtischen Gewerbe
Im Gefolge der französischen Revolution kam auch die Stadt Zug 1798 in den spannungsreichen Prozess einer tiefen Umwälzung. Die Untertanen wurden zu freien und gleichberechtigten Bürgern; die Zünfte verloren ihre Rechte und Pflichten; niemand konnte den Griff der helvetischen Regierung auf die Staatskassen und andere Vermögen verhindern.
Die Schneiderzunft sah sich plötzlich von ihren Aufgaben beraubt, ja es drohte ihre Auflösung. Am Hauptbot vom Herbst 1798 wurde hart diskutiert. Einige Zünfter befürchteten den Einzug des Zunfteigentums als sog. Nationalgut. Sie forderten die Liquidation und Auszahlung des Bruderschaftsfonds, der durch die Jahrhunderte auf über 1000 Gulden angewachsen war. Einsichtige Meister bewiesen aber, dass die gestifteten Gelder für Messen, Trauergottesdienste und Almosen bestimmt waren und nicht in der Verfügung der Zunftmitglieder standen. Die hitzige Diskussion endete mit dem Erhalt des Fonds und dem Beschluss, alle übrigen Kapitalien zu verwerten. Dies geschah mit einem achttägigen Festessen. Einige Meister seien überhaupt nicht mehr nach Hause gegangen…
Mit diesem Vorgehen unterblieb die Auflösung der Schneiderzunft. Sie rühmt sich ihres ununterbrochenen, über 600 jährigen Bestehens.
Die Schneiderzunft ist zu einem wichtigen Träger lebendiger gesellschaftlicher Verbundenheit in der Stadt Zug geworden. Sie vereint um die fünfzig Zünfter aus verschiedenen Berufen und Altersklassen. Häufig gehen die Mitgliedschaften über Generationen von Vätern auf die Söhne, doch wird bei den Neuaufnahmen auf den ebenso zahlreichen Zuwachs aus nichtzünftigen Kreisen geachtet.
Der wichtigste Anlass des Zunftlebens findet jeweils im Herbst statt: Das Hauptbot. Gemeinsam ziehen die Meister und Jungmeister frühmorgens in feierlicher, dunkler Kleidung und ausgezeichnet mit Mütze, Zunftabzeichen und Stock in die Altstadtkapelle. Im Gottesdienst gedenken sie der Verstorbenen und schauen innerlich auf eine jahrhundertealte Tradition zurück, wenn vor dem Altar die Zunftkerze leuchtet. Im Gotischen Saal des nahen Rathauses widmet sich die Meisterschaft anschliessend den internen Geschäften, Wahlen und Aufnahmen. Dann folgt in gehobener Stimmung der Empfang der Delegationen der Zuger Schwesterzünfte und der Gang zur Herberge. Während des Zunftmöölis steigen die Reden der Gäste, übertönt vom heftigen Knall der Zunftkanone. Sie ruft zum Ausflug. Der Tag setzt sich fort mit einer Besichtigung mit Imbiss und nimmt im weiteren Verlauf keine Rücksicht mehr auf die Nachtruhe der Zünfter.